Mr.Okada
Film: In Her Shoes (Curtis Hanson, USA 2005)
mr.okada | 11. November 05 | Topic 'Film'

Curtis Hansons neuer Film In Her Shoes hat mich begeistert. In jeder Einstellung ist die Liebe des Regisseurs zum Film, in jeder Figur ist die Lust der Darsteller am Spiel spürbar. Der Film erinnert, nicht nur weil Shirley McLaine eine der drei weiblichen Hauptrollen spielt, an das klassische Erzählkino Hollywoods, an eine Zeit, in der die Figuren ganz und ausschließlich im Mittelpunkt standen und " In Her Shoes" scheint auch stilistisch und in seinem Erzähltempo ganz bewußt diese Verbindung zu suchen.

Aber der Film funktioniert auf mehreren Ebenen. So kann man in der Geschichte über das scheinbar so ungleiche Schwesternpaar problemlos einen bissigen Kommentar zur Funktionsweise des Starsystems in Hollywood herauslesen, oder noch weiter gefasst: eine Auseinandersetzung mit der in der Traumfabrik naheliegenden Frage nach den Schnittstellen zwischen Illusion und Realität. Ein genialer Schachzug war in diesem Zusammenhang die Besetzung mit Toni Colette und Cameron Diaz.

Überaus geschickt spielt das überragende Drehbuch von Susannah Grant (nach Jennifer Weiners Erfolgsroman) mit den Erwartungshaltungen des Zuschauers. Es dauert jedoch keine 15 Minuten, bis sich erste Risse auftun, wenn Cameron Diaz Figur bei einm MTV Casting auftaucht, vollkommen von sich eingenommen, um kurz darauf vor dem Teleprompter zu versagen. An dieser Stelle setzt die für mich überraschendste und vielleicht damit auch schönste Erfahrung beim Betrachten des Films ein: Cameron Diaz hat mich mit ihrer Darstellung gerührt und mich dazu gezwungen meine Meinung ihrbezüglich grundlegend zu revidieren. Ich habe in einem Mainstreamfilm der letzten Jahre selten eine derart inspirierte und mutige Leistung gesehen.

Tatsächlich, und ich bin davon überzeugt, dass dies auch Miss Diaz klargewesen sein muss, legt nicht nur ihre Figur ihre Maske Schicht um Schicht ab. Genau das gleiche geschieht mit der Schauspielerin Cameron Diaz, mit ihrem Bild also, das von der öffentlichen Wahrnehmung geprägt ist. Damit wären wir wieder bei der Schnittstelle zwischen Illusion und Realität, einem gefährlichen Bereich, gerade für Schauspieler. Spannend ist daher die Verlagerung der Geschichte nach Florida, ohnehin ein unwirklicher Ort, dessen surreale Qualität sich wunderbar mit dieser Thematik verbinden lässt. Natürlich gibt es durch die verlorene Oma (Shirley Mclaine) eine ganz konkrete dramaturgische Ursache für diesen Umstand, aber in Curtis Hansons Händen, so gewinnt man zunehmend den Eindruck, werden die ausgesprochen pointiert geschriebenen Dialogszenen erst auf diese Ebene gewuchtet.

Es gibt allerdings dann doch noch einen Haken bei der Sache. Gegen Ende des Films wird immer deutlicher, wie leicht sich die Liebe zum Medium und das daraus resultierende Mitteilungsbedürfnis ins Gegenteil verkehren kann. Es scheint mir, als ob Curtis Hanson so unbedingt den Zuschauer von seiner Haltung überzeugen will, dass er dabei beginnt falsche Entscheidungen zu treffen, den leichteren Weg zu gehen. Der Film läuft Gefahr, sich dem Publikum anzubiedern und verschwindet im letzten Drittel leider ein wenig zu eindeutig in melodramatischen Gefilden.

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