Mr.Okada
Samstag, 21. Mai 2005
Im Kino: Amityville Horror ( ?,USA 2004)
mr.okada | 21. Mai 05 | Topic 'Film'

Sozialisiert vom Spätsiebziger Blockbusterkino und Achziger Straight to Video Müll, musste ich mir diesen Film einfach reinziehen. Ich kann mich noch überraschend gut an das Original erinnern, mit teuflischen Fliegen und blutigen Kellerwänden. Ich hatte einen Mordsschiß, gerade weil es sich ja um eine reale Geschichte, um ein tatsächlich geschehenes Unheil drehte. Da gab es also diese Familie, die irgendwo in Amerika von einem Haus in den Tod getrieben wurde. Furchtbar!

Heute stellt sich das mit der gebotenen Distanz natürlich weitaus weniger angsteinflößend dar. Als sensationsgieriger Zeitungsleser hat man es beinahe im wöchentlichen Rhythmus mit Abscheulichkeiten zu tun, zu denen sich im Vergleich der Horror vom besessenen Haus ausnimmt wie ein Kindergeburtstag. Neuköllner Menschenfresser, Marzahner Hobbyschlachter und ostdeutsche Sadisten mit Hang zum Schädelzertrümmern sind an der Tagesordnung. Gestern erst konnte man in der Berliner Morgenpost (die ich natürlich nicht lese) einen Aufmacher über verwahrloste Kinder in Berlin begutachten, dem ein Bild voranging, dass direkt aus Tobe Hoopers Kettensägenmassaker stammen könnte. Was soll also diese lahme Spukgeschichte?

Tatsächlich muss man sich wundern. Ich saß in einem Multiplex bei mir um die Ecke. Wie immer nahm ich einen strategisch günstigen Platz ein, ganz außen, ganz hinten, um die Reaktionen der Besucher studieren zu können. Eine selten schwachsinnige Angewohnheit, die ich mir vom Drehbuchpabst Syd Field abgeguckt habe. Mal dahingestellt wie hilfreich dieses Vorgehen für die eigene Arbeit tatsächlich ist, an diesem Abend bot sich ein erschütterndes Bild, zumindest für diejenigen, die kreativ an der Entstehung des Films beteiligt waren.

Das durchweg minderjährige Publikum starrte popcornfutternd ungerührt auf eine Leinwand, auf der sich erwachsene Schauspieler abmühten um, huaaaahhh, ein wenig Angst zu verbreiten. Erst als der knackige Hauptdarsteller seinen muskulösen Oberkörper entblößte, kam ein wenig Bewegung auf, wurde getuschelt und gequickt. Danach verfiel alles erneut in Leichenstarre. Dabei war der Film gar nicht sooo schlecht.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Dienstag, 17. Mai 2005
Konzert: Morr Label Night (Volksbühne, Berlin)
mr.okada | 17. Mai 05 | Topic 'Konzert'

Tarwater wollte ich sehen, der Rest war mir unbekannt und ich kann auch jetzt keine Namen herunterbeten. Nach einem Bier zum Auflockern in der überraschend lauen Freitagabendnacht, stolperten wir während des Auftritts der ersten Band in den großen Saal, und kurz darauf wieder ins Foyer, an die Bar, nicht ohne uns über das befremdliche Gefühl von bestuhlten Konzertsälen auszulassen. Mag sein, dass das bei manchen Bands funktioniert, meistens, finde ich zumindest, verstärkt es nur die ohnehin vorhandene unangenehme Konsumentenhaltung, die sich beim unentwegten Dahinstarren auf die Bühne einstellt.

Praktisch die Möglichkeit des hin und herschlenderns zwischen Bar, großem Saal und Rotem Salon, in dem zwischenzeitlich ein junger Mann mit Gitarre Balladen ins Publikum haucht. Danach eine Band, irgendwas mit Ms.Qrella oder so, die mir ganz gut gefällt, speziell die Frontfrau. Gegen Ende des Sets nimmt das repetitive Element der Songs zu, verursacht bei mir einen beinahe hypnotischen Sog, dessen melancholischer Grundstimmung man sich gerne hingibt. Mittlerweile ist es auch richtig voll, was zur Folge hat, dass sich hübsche, junge Mädchen zwischen unseren, auf den Treppenstufen dahingefläzten, aus der Form schlabbernden Körpern durchzwängen müssen und so manchen belebenden Ausblick, oder sollte man vielleicht sagen: Einblick, offenbaren.

Nach dem vierten Bier und einem ausgedehnten Diskurs über Sinn und Zweck von Alkoholkonsum zur Bekämpfung von Schreibblockaden verfallen wir in schuldbewußtes Schweigen und trinken für den Rest der Nacht nur noch Cola. Das ist eh cooler, schon allein wegen dem ausgestellten Willen zu disziplinotärer Selbstgeißelung, um nicht zu sagen: kaum von der Hand zu weisendärem Machtzuwachs. Irgendwie ist uns dennoch ganz schummrig im Kopf. Vielleicht liegts an der vorgerückten Stunde.

Dann endlich, gegen halb past zwei springen die beiden Tarwaters, schätzungsweise unser Jahrgang, frisch und fröhlich auf die Bühne und legen gleich mächtig los. Und man weiß sofort was man zuvor, bei den mal mehr, mal weniger gefälligen Darbietungen vermisst hatte: der unbedingte Wille zum Publikum durchzudringen, etwas passieren zu lassen. Die ersten beiden Stücke verblüffen mich durch unvorhersehbare Brüche, etwa wenn eine angedeutete Melodie brachial vom wild verzerrten Bass zersägt wird. Später kann man verspielte Poparrangements aus dem Lärm herauslösen. Auf Dauer jedoch schien mir das Ganze zu redundant, schwer zu sagen, vielleicht lags auch an meiner Müdigkeit. Ich habs dennnoch nicht bereut.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Gedudel: Shellac (1000 Hurts, 2000)
mr.okada | 17. Mai 05 | Topic 'Gedudel'

Eine uralte Platte, werden manche einwenden. Na und wenn schon. Ich bin seit Ewigkeiten ein Bewunderer von Steve Albini und dabei war mir gar nicht klar, dass Shellac ein Albini Projekt ist, bis mich heute ein Freund darauf hinwies. Ich habe die Platte schon eine Weile bei mir herumstehen, irgendwann auch ganz sicher gehört, und dennoch hatte ich am Pfingstwochenende den Eindruck in etwas ganz Neues einzutauchen.

Das Album ist schlichtweg sagenhaft, in sich derart stimmig, mit einem deutlich spürbarem Hang zum Drama, im Sinne von auf einen Höhepunkt zusteuernd. Man muss das laut hören, bis zum Anschlag, am besten mit Kopfhörer, dass die Ohren hinterher drönen und der Kopf auseinanderkracht. Dieser ganze spät-achtziger und neunziger Jahre Chicago Kram, von Thrill Jockey und von Touch and go, kann aus keiner anderen Stadt kommen. Das ist eigentlich nichts anderes als Blues: erdig, schwer, brachial, fies und dabei immer auch witzig, überraschend witzig. Diese Gegenpole sind es, aus denen die Songs ihre Spannung beziehen, die am Ende des Albums kaum zu steigern ist und sich entläd in einem aberwitzigen Stück, einer Verarschung, einem Gebet, einem Ausbruch, schlussendlich aggressive Anklage und selbstironische Reflexion zugleich.

Davor ein Mörderblues, wie man das von „Beasts of Bourbon“ oder „Jon Spencers Blues Explosion“ kennt, nur besser, dichter, zum Wegwerfen komisch. Shellac hat am Abend des 11.9.2001 in Berlin gespielt, oder auch nicht, ich weiß es nicht wirklich. Ich hatte eine Karte und saß stattdessen mit meinem Arsch hypnotisiert vor der Glotze. Was für eine Fehlentscheidung. Mein Gott!

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Konzert: Zwei Frauen, Bandname entfallen (Zentrale Randlage, Berlin)
mr.okada | 17. Mai 05 | Topic 'Konzert'

Ist schon über eine Woche her, dennoch. Gelandet bin ich da wegen der Location, die ich bislang noch nicht kannte. Wers nicht weiß, es handelt sich um ein unscheinbares Gebäude Schönhauer Allee Ecke Schwedter Strasse, direkt am U-Bahn Ausgang Senefelder Platz, vom Alex kommend in Fahrtrichtung aussteigen und dann links. Jetzt sollte alles klar sein.

Moderate Preise, 4€ Eintritt, 2€ das Becks, Örtlichkeit sehr ansprechend, mit Betonpfeilern mittendrin, ohne Bühne. Gedränge bei guter Mucke also vorprogrammiert, was ja nicht das schlechteste ist. An diesem Abend gabs kaum Gedränge, damit ist über die Qualität der Musik bereits alles gesagt. Diffuses Geschrammel auf ner Rickenbacker, dazu ein blubbernder Bass, bedient von einer kecken Blondine mit hübscher Stimme. Im Hintergrund an die Wand projezierte Bilder, Videoclips, von den beiden, herumlaufend, umherschauend, mal hierhin, mal dorthin. So uninspiriert wie das klingt wars denn auch. Dabei eigentlich alles andere als unsympathisch.

In einem taz Artikel beschwor jemand „Band of Susans“.War auch meine Assoziation, aber wenn mich nicht alles täuscht hatten „Band of Susans“ 5 Gitarren, oder mindestens vier. Es ging um Klangcollagen, um übereinander gelegte Lärmwände. Hier gibt es eine homogene Wand, an der sich der hilflose Blubberbass abarbeitet. Dazu war die Livemischung eine Katastrophe. Mit viel gutem Willen konnte man erahnen was sich hinter dem Geschrabbel verstecken könnte und vielleicht ist die Platte auch gar nicht schlecht. Da fällt mir ein, es handelte sich um eine Record Release Party. Hinterher gabs Karaoke, nicht mein Ding.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Freitag, 15. April 2005
Im Kino: Ring 2 (USA 2004, Hideo Nakata)
mr.okada | 15. April 05 | Topic 'Film'

Mein Hauptinteresse galt bei diesem Film fraglos ob und wie sich der Japaner Hideo Nakata in Hollywood behaupten würde. Ich kannte von ihm bereits den ersten Ring-Film aus der Trilogie sowie den recht gelungenen Dark Water und hatte mir auch wider besseren Wissens Gore Verbinskis Remake angesehen das mir persönlich viel zu konventionell geraten war.

Ring2 ist so ein bisschen von allem etwas. Es finden sich die bereits bekannten Versatzstücke die interessanterweise mit dem alles beherrschenden Grundthema aus Dark Water vergoren werden. Wasser spielt also eine zentrale Rolle, sowohl erzähltechnisch, den Plot will ich mir jetzt sparen, als auch atmosphärisch. Passend dass der Film, wie auch schon das Remake des ersten Teils, im regenreichsten Gebiet der USA, dem äußersten Nordwesten spielt. Nicht das es etwa in Ring 2 ständig schütten würde, ganz im Gegenteil, aber die Straßen scheinen grundsätzlich regennass zu sein. Wo auch immer Naomi Watts sich durch die Handlung quält, sie wird von Regenpfützen begleitet, das Meer ist in ständiger Reichweite und natürlich fährt sie beinahe permanent über gigantische Brücken.

Es würde mich wundern, wenn Nakata beim Schnitt freie Hand gehabt hätte. Zu offensichtlich die Brüche im atmosphärischen Erzählfluss, zu unentschlossen die Richtung, die der Film einschlägt. Manchmal wirkt es als wären ganze Szenen dem Schnitt zum Opfer gefallen, nie hat man das Gefühl in den Film gesogen zu werden, wie das durchaus bei den beiden anderen mir bekannten Arbeiten Nakatas der Fall ist.

Das Problem beginnt vermutlich schon sehr viel früher im Produktionsprozeß. Ein Amerikaner, Name ist mir entfallen, hat das Drehbuch verfasst, dass sich immer wieder durch beinahe unfassbar deplazierte Szenen auszeichnet, die aber auch wirklich alles an vorhandenen, spannenden Ansätzen zerstören. Da gibt es dann eine Szene, in der Sissy Spacek als geisteskranke Mutter vorgeführt wird oder eine Melodie, die mit dem Holzhammer verlorene Kindheit suggerieren soll. Eine männliche Nebenfigur scheint nur eingeführt zu werden um später als Personifikation von Munchs Schrei zu verenden, vom Finale im Brunnen will ich gar nicht reden.

Wenn es Nakata darum ging in Hollywood Fuss zu fassen, wird ihm das wohl nach den Einspielergebnissen zu urteilen gelungen sein. Darüberhinaus hätte ich mir gewünscht, dass man den Konflikt von Naomi Watts Figur, den Opfertod des eigenes Kindes etwa, mehr in den Mittelpunkt gerückt hätte. Die notwendigen Zutaten wären doch dagewesen, selbst passende Bilder hatte Nakata bereits gefunden. Am Ende wird alles geopfert, der Drehbuchlogik tausender Workshops durch die Producer und Redakteure auf der ganzen Welt geschleust werden. Andererseits, selbst Dark Water blieb auf seinem Weg auf halber Strecke stecken. Man muss sich nach diesem ernüchternden Erlebnis vielleicht fragen, ob es Sinn macht Nakatas Filme auch in Zukunft anzusehen.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Samstag, 2. April 2005
DVD-Watch: Fluch der Karibik (Gore Verbinski, USA 2003)
mr.okada | 02. April 05 | Topic 'Film'

Johnny Depp gibt einen Piraten und erinnert dabei eher an den gestiefelten Kater. Legolas hat sich ins falsche Setting verirrt, dazwischen jede Menge Perückenträger, die in üblicher Manier ignorant tun und eine Schönheit, die im Mittelpunkt des romantischen Verlangens steht. Nach 20 Minuten taucht das legendäre Piratenschiff „Black Pearl“ auf, plündernde Horden fallen über die Garnisonsstadt her, wirken dabei wie Zombies auf Acid und tatsächlich, irgendwas stimmt mit den Kerlen nicht: es ist der Fluch!

Es dauert nicht lange und der Film hat seine Stars in Position gebracht. Depp und Bloom als ungleiches Team auf der Verfolgung des Höllencaptains (Geoffrey Rush) der die Schöne (Keira Knightley) entführt hat – klar. Man kann sich sicherlich von diesem Film unterhalten fühlen. Meine Tagesform läßt das nicht zu. Langeweile, also raus nach 40 Minuten.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Samstag, 2. April 2005
Frederick Wiseman Retro: Belfast, Maine (USA 1999)
mr.okada | 02. April 05 | Topic 'Retrospektiven'

Der bislang stärkste Film, den ich von Wiseman sah. Belfast liegt am Atlantik, ganz oben rechts, im Norden der USA. Man nennt diese Region, die im Süden etwa bei Boston beginnt und im Norden bis an die kanadische Grenze reicht, New England. Und ich kenne keine Gegend in den Staaten, die sich tatsächlich europäischer anfühlen würde. Man lebt dort in allererster Linie vom Fischfang und der verarbeitenden Industrie. Und die Betrachtung dieser Industrie steht dann auch im Mittelpunkt des Films. Bemerkenswert die Miniaturen, die wiederholt Produktionsabläufe herauslösen, im Detail die Funktionsweise von Arbeitsprozessen aufschlüsseln, in einer Wäscherei, beim Fischfang, immer wieder in Fabriken.

Ziemlich gegen Ende des über 4 Stunden langen Werkes, gibt es eine dieser angesprochenen Miniaturen, in einer Fischkonservenfabrik. Das letzte Bild, mit dem man aus der Sequenz aussteigt, zeigt das Gebäude von außen, im Vordergrund verwildertes Brachland. Dann sind wir wieder auf dem Wasser und man kann wieder durchatmen. Die Atemlosigkeit, die sich bei mir eingestellt hat, fußt auf der unumwundenen Bewunderung für den Schnitt. Klar, Dokumentarfilme entstehen naturgemäß im Schnitt, sehr viel stärker noch als Spielfilme. Bei Wiseman hat das aber noch eine entscheidendere Funktion.

Durch die Verweigerung übliche Dokumentarfilmtechniken aufzugreifen, etwa die Verdichtung auf eine oder mehrere Protagonisten, den Einsatz von Voice-Over u.ä., indem man also das Material für sich sprechen läßt und keine allzu offensichtlichen dramaturgischen Hilfsmittel bemüht (ohne Dramaturgie geht es natürlich auch bei Wiseman nicht ab), geht man den Dingen, wie ich finde, nicht nur nachhaltiger auf den Grund, man gewinnt auch formalästhetisch, durch die Betonung von Rhythmus, von Ausscheren und Wiederaufnahme.

Es braucht schon alleine deshalb auch ausgiebig dioaloglastige Sequenzen - oftmals in Kursen, Gesprächskreisen oder der Kirche - an Orten des öffentlichen Lebens also. Und natürlich geht es Wiseman inhaltlich um ein Aufspüren, um das Nachzeichnen von dem was Leben eigentlich bedeutet. Stärker als in den von mir bislang gesichteten Filmen gibt es aber auch eine Tendenz zur vorsichtigen Kommentierung. Am Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die USA in ein Land verwandelt, so der Eindruck den der Film suggeriert, in dem Leben portionierbar geworden ist. Anonymisiert und abgepackt, wie die Heringe in der Fischkonservenfabrik.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Mittwoch, 30. März 2005
Frederick Wiseman Retro: Ballett (USA 1995)
mr.okada | 30. März 05 | Topic 'Retrospektiven'

Das American Ballett Theatre in New York steht im Mittelpunkt dieser Betrachtung. Etwa drei Stunden lang zeigt Wiseman Tänzer und Choreographen bei der Arbeit, sitzt bei Bewerbungsgesprächen dabei und folgt der „Company“ nach Europa, nach Athen und nach Kopenhagen. Es ist die Intensität mit der die Beteiligten ihrem Beruf nachgehen, auf die es der Film abgesehen hat. Die einzelnen Sequenzen sind lang genug, um einen Einblick in den Arbeitsprozeß zu erhalten.

Es ist eine stark in sich verkapselte Welt. Ich glaube es gibt lediglich eine einzige Sequenz im gesamten Film, in dem die Protagonisten aus ihrem gewohnten Umfeld herausgelöst werden, im Tivoli in Kopenhagen ist das. Dort orientieren sie sich anhand eines Übersichtsplans und haben mit einem Mal die Aura des Außergewöhnlichen abgestreift. Das ist für den Zuschauer ganz deutlich wahrnehmbar und hat mich überrascht. Dann gibt es noch eine zweite Sequenz, in einem griechischen Lokal, in dem die Aufführung gefeiert wird. Aber auch hier steht der Tanz, das Spiel mit dem Körper im Vordergrund.

Atemberaubend war der Ausschnitt einer Aufführung von Romeo und Julia, ernüchternd das Abgleichen des eigenen Spiegelbilds mit den durchtrainierten Körpern der Tänzer. Dieser leicht eifersüchtige Ausdruck findet sich auch in den Gesichtern der griechischen Restaurantgäste, die säuerlich das balzende Hüftkreisen eines besonders knackigen Mitglieds der Company beobachten.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Dienstag, 29. März 2005
Frederick Wiseman Retro: Aspen (USA 1991)
mr.okada | 29. März 05 | Topic 'Retrospektiven'

Eine Kleinstadt in den Rockies, nicht so weit weg von Denver. Man denkt an Celebrities im Schnee, an Après-Ski mit Champagner und unbezahlbare Chalets. Dahinter stehen, wie immer, Angestellte und Arbeiter, Lehrer und Arbeitslose, Latinos und alleinerziehende Frauen. Wiseman geht es um die Menschen die aus Aspen erst eine Stadt machen, nicht um den Jet-Set. Es geht um das Zusammenkommen an einem so widersprüchlichen Ort, der am Ende doch ein Ort ist wie jeder andere.

Illustriert wird das Thema über die Skipisten. Immer wieder werden entsprechende Sequenzen in den Film eingestreut. Das macht strukturell Sinn, insofern die Skifahrerei wie eine Kapitelüberschrift funktioniert, der jeweils ein neuer Ansatz der Annäherung folgt. Noch mehr jedoch hat das mit Rhythmus zu tun, überhaupt vielleicht der faszinierendste Aspekt an Wisemans Filmen, die mir manchmal erscheinen wie unaufdringliche Kammermusik. Im Lauf der etwa 2 1/2 Stunden beobachtet man Bibelkreise, Diskussionsgruppen, Kunstinteressierte oder befremdlich wirkende Prediger. Das ist manchmal geistreich und inspirierend, beizeiten amüsant oder irritierend. Die entwaffnende Unvoreingenommenheit führt zu spannenden Neubewertungen beim Betrachter, zumindest gings mir so. Und wenn es mich mal in die Gegend verschlägt, werde ich sicher mal über die Piste wedeln – auf den Skiern, versteht sich.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





... ältere Einträge