Mr.Okada
Donnerstag, 24. März 2005
Bühne: Wilde Schafsjagd (Sophiensäle, Berlin)
mr.okada | 24. März 05

Horror als ich unsere vorreservierten Karten abholen will. Eine riesige Schlange erstreckt sich von den Sophiensälen bis auf die Straße hinaus und das obwohl ich überpünktlich ne dreiviertelstunde früher auftauche. Ewiges Warten und Herumstehen bis ich die Tickets in den Händen halte. Im Foyer Gedränge. Eine Frau reibt ihren Hintern auffallend hartnäckig an den Körper meines Begleiters, wie er mir später beim Bier im „23“ gesteht. Das war im Nachgang auch das Spannendste an diesem Theaterabend.

Das Bühnenbild schlicht, jedoch nicht ohne Reiz. Neonröhren, die sich sternförmig über den Boden erstrecken, ein Sofa mittendrin, hinten rechts eine Hammond Orgel, an der rückwärtigen Wand eine Videoprojektion. Eine Weide sieht man da, im Hintergrund ab und an ein grasendes Schaf. Der namenlose Held des Romans taucht auf, spricht die Sätze stakkatohaft, manchmal ein wenig blasiert, meist zickig, nölig, nervig. Man hat dem armen Kerl Schwimmflossen an die Füße geschnallt. Ein Mädchen rollt auf Rollschuhen in den Raum. Sie hat diese puschligen Ohrenschützer auf dem Kopf, lächelt, strahlt und steht meist nur da, wie hingepflanzt. Eine nicht wirklich groß gewachsene junge Frau in einem Schafskostüm hüpft über die Neonröhren, wackelt mit dem Hinterteil. Später wird sie tanzen, auf englisch „Rattes“ Brief vorspielen und sich dabei in spasmischen Bewegungen krümmen. Der saufende Kompagnon des Helden ist auch mit von der Partie, nur dass er nicht säuft. Stattdessen windet er sich an einer Stelle am Boden und veräußerlicht damit meinen Zustand.

Die melancholische Grundstimmung des Romans wird in eine Travestie überführt. Der geheimnisvolle, merkwürdige Mann ist eine Frau im Sixties-Look die wie eine Furie über die Bühne fegt, hin und wieder, zur Belustigung des dankbaren Publikums, kindische Bäääh-Wörter in den Text stammelt – Fickbuhbläharsch – so in der Art. Ohne lässige Brechung geht es nicht ab. Einmal wird der Redeschwall abrupt unterbunden, die versammelte Belegschaft bewegt sich zu den Piepmelodien der Orgel. Anfangs bin ich gespannt wie man den Stoff auf der Bühne auflösen kann, dann frage ich mich wie gut die Schauspieler wären, würde man sie zurückgenommener führen. Später ertappe ich mich immer häufiger dabei wie mein Blick durch den Raum schweift, etwas sucht um die Langeweile zu vertreiben. Wenig später lümmel ich im Foyer in einem Sessel und warte bis die Vorstellung beendet ist. Gott sei Dank kommt kurz darauf mein Begleiter – bekennender Murakami Fan – leichenblaß aus dem Saal und wir ziehen ab.

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Dienstag, 22. März 2005
Im Kino: Bogeyman (USA 2005, Stephen Kay)
mr.okada | 22. März 05 | Topic 'Film'

Durch eine geplatzte Verabredung quasi wahllos in Bogeyman gestolpert. Es war schlichtweg der einzige Film in meinem Lieblingsmultiplex (dem CineStar am Potsdamer Platz) der noch nicht begonnen hatte. Nach den jüngsten furchtbaren DVD-Sichtungen schlimmstes befürchtend, erwartet mich Old School Horror ohne ironische Brechung, mit deutlichen japanischen Einflüssen, was das Nonsensepotential des Plots anbetrifft. Aber wen interessiert bei einem Horrorfilm die Handlung? Mich ganz sicher nicht. Was man statt dessen geboten bekommt ist ausgezeichnetes Sounddesign und in Stephen Kay ein Regietalent mit bemerkenswertem Gespür für atmosphärische Dichte.

Gerade im ersten Drittel, wenn sich die beinahe schon zwangsläufige Redundanz der Schockeffekte noch nicht vollkommen eingestellt hat, gelingen erstaunliche Momente surrealer Schönheit (ein Mädchen auf einem Fahrrad, gegen einen Holzlattenzaun photografiert, der sich in einem Stroboskopeffekt verfremdet) und eindringlicher Intensität (eine an The Grudge erinnernde Schocksequenz, die als Vision vom Tod der Mutter daherkommt).

Beeindruckt hat mich die kluge Kadrierung, die das Antizipierende des Blicks unterstreicht. Die Kamera ist häufig ganz nah dran an ihrer Hauptfigur, läßt gerade soviel Raum, um mit der Erwartungshaltung des Betrachters zu spielen. Der Bogeyman selbst bleibt bis in den dritten Akt hinein lediglich ein Schatten und steht damit der Lust an der Entwicklung verschiedenster Deutungsversuche nicht im Weg. Zugegeben, gemessen am desaströsen Finale relativiert sich ganz schnell die zwischenzeitlich erhoffte Tiefgründigkeit, dennoch: ich hatte ne Menge Spaß und werde mir Stephen Kays Namen merken. Übrigens: Sam Raimi hat das Ganze produziert.

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DVD Watch: Cabin Fever (USA 2002, Eli Roth)
mr.okada | 22. März 05 | Topic 'Film'

Heftig beworbener Horrorstreifen um eine Gruppe junger Leute, die in der Pampa ihren Collegeabschluss, oder warns nur die Semesterferien, abfeiern. In einer gemieteten Hütte mitten im Wald wird gesoffen und gepoppt – Party halt. Dann taucht ein virenverseuchter Landbewohner mit Baseballcap auf und bald schon rafft die Seuche einen nach dem anderen dahin.

Ein Slashermovie bei dem der Antagonist ein Virus ist? Keine wirklich gute Idee. Der Horror, vollkommen unerheblich wie stark man das mit Humor anreichert, bleibt abstrakt, notgedrungen. Die Figuren verhalten sich wie ein Haufen Arschlöcher, dabei macht das Drehbuch keine Anstalten diesen Tatbestand auszubeuten – ganz im Gegenteil: das soll allen Ernstes Identitätsstiftend sein, wie man im Audiokommentar erfährt. Ein Film für Arschlöcher also. Überhaupt: Bonusmaterial auf der Zwei-Scheiben-Edition ohne Ende, ein Gimmick unnötiger als das andere. Wenn man ganz viel Zeit hat bekommt man zumindest eine Lehrstunde bezüglich narzistischer Persönlichkeitsstrukturen. Raus nach 15 Minuten, über den Rest drübergeshuttelt. In die ca. 27 Audiokommentare reingehört und dabei eingeschlafen.

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Montag, 21. März 2005
TV Watch Short Cut: White Oleander (USA 2002, Peter Kosminsky)
mr.okada | 21. März 05
Ein Film der an mir vorbeiflog ohne dass auch nur das geringste passiert wäre. Die erste Einstellung, eine lange Dollyfahrt durch ein Atelier, auf Robin Wright Penn zu, die mit dem Rücken zur Kamera an einer Installation arbeitet. Darüber Voice-Over: „being so close to someone so dangerous was the last time i felt safe“. Eine Melodie, mit viel Hall, ätherisch. Dann wird die Geschichte von Mutter und Tochter erzählt, in einer weit ausholenden Bewegung. Irgendwann taucht in einer Nebenrolle Renée Zellwegger auf. Sie wackelt mit dem Kopf, verdreht die Augen, verzerrt den Mund – Physical Acting – Hi Ha Ho. Mir gefielen die Schnittbilder, wenn man so will. Palmen im Wind, nachts, mit einer 12 KW frontal angegangen. Die Stadt zu Füßen, scharf vom Vordergrund abgetrennt, wie eine Rückprojektion. Aber alles an diesem Film möchte geschmackvoll sein und ist am Ende belanglos.

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TV Watch Short Cut: Clockstoppers (USA 2003, Jonathan Frakes)
mr.okada | 21. März 05
Romantic Teeniecomedy vom Schlimmsten. Über den Soundtrack poltern die konsensfähigsten College-Radio Hits der letzten 5 Jahre, vornehmlich West-Coast-Punkrock-Geschrubbe vom ödesten, dazu ein bonbonfarbener Aufguß entsprechender Popkultur, vom coolen Biker, der in voller Fahrt Pirouetten dreht bis hin zur mißverstandenen Corpless-Stromgitarre. Widerwärtig die Disneylandisierung die dem Ganzen eingeschrieben ist, mechanisch die Tempiwechsel an den scheinbar passenden Verbindungsstücken. Filmen nach Zahlen – deprimierend unorginell – Raus nach 20 Minuten.

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Samstag, 19. März 2005
DVD Watch: Redemption (USA 2004, Vondie Curtis Hall)
mr.okada | 19. März 05
Für F/X Cable gedrehtes Movie of the week, das über DVD Auswertung und Premiere Pay-TV auch den Weg nach Europa gefunden hat. Jamie Foxx spielt Stanley „Tookie“ Williams, im wirklichen Leben Gründungsmitglied der „Crips“, einer Gang aus Los Angeles, die sich in den letzten Jahrzehnetn in etliche US-amerikanische Ballungsräume exportiert hat. Tookie sitzt seit 1981 wegen mehrfachen Mordes in St.Quentin ein und wartet noch heute auf seine Hinrichtung. Der Film folgt dem nicht gerade neuen Einfall, die Geschichte von außen, über eine Journalistin zu erzählen. Das passiert von Drehbuchseite her jedoch derart ungelenk und holzschnittartig, dass meine Geduld nach gut 15 Minuten aufgebraucht war. Einzig die beiden Hauptdarsteller, neben Jamie Foxx spielt Lynn Whitfield die Journalistin, hielten mich dann doch bei der Stange und der Film nimmt in der zweiten Hälfte tatsächlich ein wenig Fahrt auf, immer dann wenn Foxx und Whitfield im Gefängnis aufeinandertreffen. Dennoch: der Intention des Projekts, die von der ersten Szene an überdeutlich an den Betrachter kommuniziert wird, hat sich alles unterzuordnen. Dialoge etwa dienen vornehmlich dazu statistisches Material und ideologisiertes Gedankengut aufzubereiten. Vondie Curtis-Hall und seine Autoren möchten die (amerikanische) Öffentlichkeit dazu bringen genauer hinzusehen und bedienen sich selbst in geradezu fahrlässiger Weise stereotyper Vorstellungen um dem Stoff die gewünschte Haltung aufzudrängen. Zumindest ist einem die nicht unsympathisch.

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TV-Watch: Hollywood Homicide (USA 2003, Ron Shelton)
mr.okada | 19. März 05
Ron Shelton liebt Los Angeles. In seinen Filmen, zuletzt in der empfehlenswerten James Ellroy Verfilmung Deep Blue, finden sich immer wieder wunderschöne Totalen (Shelton hat eigentlich immer herausragende Kameraleute). In Hollywood Homicide ist die Stadt in beinahe jeder Szene präsent, bleibt dabei leider meist nur Wandtapete. Das vielleicht spannendste an dem Film ist der Versuch Harrison Ford und Josh Hartnett in eine Buddy-Comedy zu zwängen und dabei zuzusehen was passiert. Überraschend Fords komisches Talent, hilfreich sicher manch wirksamer One-Liner, gerade im ersten Drittel des Films. Nach etwa 60 Minuten übernimmt der Krimi Plot vollends und gerade wenn man daran denkt, es letztlich mit aufgemotzter TV-Movie Ware zu tun zu haben, zieht man die Schrauben noch einmal kräftig an. Ballereien in den Straßen, Verfolgungsjagden durch Venice, über den Hollywood Boulevard, das Chinese Theater darf nicht fehlen, genausowenig wie der finale Kampf auf dem Häuserdach. Dennoch: einzig Ford als grantelnder Cop und Immobilien-Makler im Nebenberuf hält einen bei der Stange, Hartnett bleibt blass. Wie nicht anders zu erwarten souverän inszeniert – man kann sich des Eindrucks nicht erwähren, dass bei diesem Package mehr drin gewesen wäre. Mit knapp 2 Stunden entschieden zu lang. Achja, die weiblichen (Neben)-Figuren sind durch die Bank ein Witz, unter aller Kanone Lena Olin als „Femme Fatale“.

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